Ektropium

Ektropium

Das Ektropium ist eine Fehlstellung des Augenlids, bei der sich das Lid vom Augapfel wegdreht und nach außen stülpt. In den meisten Fällen ist das Unterlid betroffen, seltener das Oberlid. Es gibt verschiedene Ursachen für diese Lidfehlstellung, wie zum Beispiel eine Erschlaffung der Lidkante aufgrund des Alterungsprozesses, Verschiebungen der Lidmuskulatur oder Narbenzug nach Verletzungen oder Operationen im Augenbereich.

Auswirkungen auf das Auge und die Sehkraft

Normalerweise liegt die Bindehaut, die Innenseite des Augenlids, eng am Augapfel an und wird durch den Lidschlag feucht gehalten. Bei einem Ektropium ist dies nicht mehr der Fall, da die Bindehaut durch die Auswärtsdrehung des Lides freigelegt wird und austrocknet. Im Laufe der Zeit kann dies zu einer chronischen Entzündung und Verhärtung der Bindehaut führen.

Ein weiteres Problem entsteht durch die Fehlstellung der Lidkante, in der sich spezielle Drüsen befinden, die für die Produktion des Tränenfilms verantwortlich sind. Wenn diese Drüsen ihr Sekret nicht mehr richtig abgeben können, trocknet nicht nur die Lidkante selbst aus, sondern auch die Oberfläche des Augapfels. Dies kann zu einer Verschlechterung der Abbildungsqualität und einer Beeinträchtigung der Sehschärfe (Visus) führen.

Auch der natürliche Tränenabfluss wird durch ein Ektropium gestört. Unter normalen Umständen fließt der Tränenfilm entlang der Lidkante zum Tränenpünktchen, einem kleinen Öffnung am inneren Lidwinkel, und von dort über den Tränenkanal in die Nase und den Rachen. Bei einer Auswärtsdrehung des Lides ist dieser Abfluss behindert, was zu einem ständigen Tränenträufeln (Epiphora) führen kann.

Patienten mit einem Ektropium leiden oft unter weiteren Beschwerden wie:

  • Chronisch gereizte und entzündete Bindehaut
  • Gerötete und brennende Augen
  • Juckreiz und Fremdkörpergefühl
  • Schwierigkeiten, die Augen vollständig zu schließen

Verschiedene Formen und Ursachen

Augenärzte unterscheiden je nach Ursache und Entstehungsmechanismus mehrere Formen des Ektropiums:

  • Altersbedingtes (seniles/atonisches) Ektropium: Dies ist die häufigste Form, die durch eine altersbedingte Erschlaffung des Unterlids verursacht wird.
  • Angeborenes (kongenitales) Ektropium: Eine sehr seltene Form, die bereits bei der Geburt vorliegt.
  • Mechanisches Ektropium: Entsteht durch Tumoren im Augenbereich oder schlecht sitzende Brillen, die das Lid mechanisch vom Auge wegziehen.
  • Narbenektropium: Wird durch Narbenbildung im Lidbereich verursacht, etwa nach Unfällen oder chirurgischen Eingriffen.
  • Paralytisches Ektropium: Folge von Gesichtslähmungen, die zu einer Erschlaffung der Lidmuskulatur führen.

Diagnosestellung durch den Augenarzt

In den meisten Fällen kann ein erfahrener Augenarzt ein Ektropium bereits auf den ersten Blick anhand der charakteristischen Lidfehlstellung erkennen. Um das genaue Ausmaß und die Ursache der Fehlstellung zu bestimmen, werden weitere Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehört beispielsweise eine Spaltlampenuntersuchung, bei der der innere Lidwinkel, das Tränenpünktchen und die Hornhaut genau begutachtet werden. Auch die Spannung des Augenlids wird überprüft. Bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion kann ein Abstrich entnommen werden, um die verantwortlichen Keime zu identifizieren.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Wahl der Behandlung hängt von der Ursache und dem Schweregrad des Ektropiums ab. Bei leichten Formen können zunächst konservative Maßnahmen wie befeuchtende Augentropfen oder -salben eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern und die Augenoberfläche vor Austrocknung zu schützen.

In den meisten Fällen ist jedoch eine Operation erforderlich, um ein Fortschreiten der Beschwerden und bleibende Schäden am Auge zu verhindern. Hierfür stehen verschiedene Techniken zur Verfügung:

Laterale Zügelplastik

Die laterale Zügelplastik ist das am häufigsten angewandte Verfahren zur Korrektur eines Ektropiums. Dabei wird am äußeren Lidwinkel ein Schnitt gesetzt, um das Ober- und Unterlid voneinander zu trennen. Am Unterlid wird ein kleiner, parallel zur Lidkante verlaufender Knorpelstreifen (Zügel) präpariert und mit einem resorbierbaren Faden an der knöchernen Begrenzung der Augenhöhle (Orbitakante) befestigt. Durch diese Maßnahme wird die Spannung der Lidkante erhöht und das Lid wieder an den Augapfel herangeführt.

Pentagonale Entfernung des Muskels oder der gesamten Lidschicht

Bei leichteren Erschlaffungen des Unterlids oder einer partiellen Auswärtsdrehung kann eine Straffung des Lides durch eine Verkürzung in horizontaler Richtung erreicht werden. Hierbei wird der parallel zur Lidkante verlaufende Muskel (Musculus orbicularis) freigelegt und an zwei Stellen senkrecht zur Lidkante durchtrennt. Durch das Zusammennähen der Schnittstellen verkürzt sich der Muskel in der Länge, wodurch die gewünschte Spannung erzeugt wird. Anschließend wird der Muskel auf den knorpeligen Anteil (Tarsus) unterhalb der Wimpern fixiert, um eine Ein- oder Auswärtsdrehung des Lides zu erreichen.

Weitere Verfahren

Abhängig von der Ursache und Ausprägung des Ektropiums können auch andere operative Techniken zum Einsatz kommen. Bei einem Narbenektropium kann beispielsweise eine Entfernung des Narbengewebes erforderlich sein, während bei einem paralytischen Ektropium eine Korrektur der zugrunde liegenden Gesichtslähmung angestrebt wird.

Aussichten nach der Behandlung

Nach einer erfolgreichen operativen Korrektur eines Ektropiums ist die Prognose in der Regel gut. Durch die Wiederherstellung der normalen Lidstellung können die Beschwerden dauerhaft gelindert und Folgeschäden am Auge verhindert werden. Entscheidend ist jedoch, dass die Behandlung frühzeitig erfolgt, um ein Fortschreiten der Fehlstellung und der damit verbundenen Komplikationen zu vermeiden.

Um einem Ektropium vorzubeugen, sollten Entzündungen der Bindehaut und der Lidränder konsequent behandelt und Verletzungen im Augenbereich nach Möglichkeit vermieden werden. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Augenarzt, insbesondere im fortgeschrittenen Alter, können dazu beitragen, ein entstehendes Ektropium frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Das Ektropium ist eine häufige Lidfehlstellung, die unbehandelt zu ernsthaften Problemen für das betroffene Auge führen kann. Durch eine sorgfältige Diagnose und die Wahl der individuell am besten geeigneten Behandlungsmethode lässt sich jedoch in den meisten Fällen eine deutliche Verbesserung der Beschwerden und eine Wiederherstellung der normalen Lidfunktion erreichen. Ein frühzeitiges Erkennen und Behandeln der Fehlstellung ist dabei von entscheidender Bedeutung, um langfristige Schäden am Auge zu vermeiden und die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu verbessern.

 

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