Zoster ophthalmicus

Zoster ophthalmicus

Das Wichtigste auf einen Blick (TL;DR)

Der Zoster ophthalmicus ist eine schwerwiegende Form der Gürtelrose, die das Auge betrifft und durch die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus im ersten Trigeminusast ausgelöst wird. Die Erkrankung zeigt sich durch einen schmerzhaften Hautausschlag im Stirnbereich sowie Augenschmerzen, Lichtempfindlichkeit und Schwellungen. Eine frühzeitige Behandlung mit antiviralen Medikamenten innerhalb von 72 Stunden ist entscheidend, um schwerwiegende Komplikationen wie Erblindung zu verhindern. Beim ersten Verdacht sollten Sie sofort einen Augenarzt aufsuchen.

Wichtige Fakten:

  • Betrifft hauptsächlich Menschen über 50 Jahre
  • Das Auge ist in etwa der Hälfte der Fälle betroffen
  • Behandlung mit Aciclovir oder Valaciclovir
  • Impfschutz ab 50 Jahren verfügbar
  • Unbehandelt drohen dauerhafte Sehschäden

Was ist Zoster ophthalmicus?

Bei der Gesichtsrose (Zoster ophthalmicus) handelt es sich um eine Form der Gürtelrose (Zoster), bei der es zur Reaktivierung des Windpocken-Virus (Varizella-Zoster-Virus, VZV) im Bereich des Gesichtsnervs Trigeminus mit bläschenartigem Ausschlag kommt. Diese Sonderform der Gürtelrose ist besonders gefürchtet, da sie zu schwerwiegenden Augenkomplikationen bis hin zur Erblindung führen kann.

Wie entsteht Zoster ophthalmicus?

Die Erkrankung entwickelt sich aus einer Reaktivierung von Varizella-Zoster-Viren, die nach einer durchgemachten Windpocken-Infektion in den Nervenwurzeln zurückbleiben. Die Erreger ziehen sich daraufhin in Ganglien (Nervenknoten) zurück und verfallen in einen inaktiven Zustand. Die Viren können vom Immunsystem nicht abgetötet werden.

Wenn das Immunsystem geschwächt ist – beispielsweise durch Alter, Krankheit oder Stress – können die Viren wieder aktiv werden und entlang der Nervenbahnen wandern. Beim Zoster ophthalmicus ist das Innervationsgebiet des 1. Trigeminusastes (Nervus ophthalmicus) betroffen.

Wer ist besonders gefährdet?

Hauptrisikogruppen für Zoster ophthalmicus

Altersbedingte Risikofaktoren:

  • Ein Zoster ophthalmicus tritt meist bei Personen zwischen 40 und 60 Jahren auf
  • Die Inzidenz stieg ab 65 Jahren auf 104,6 pro 100.000 Personenjahre
  • In der Regel sind die Patienten älter als 50 Jahre

Weitere Risikofaktoren:

  • Immunschwäche durch HIV-Infektion oder Medikamente
  • Krebserkrankungen und Chemotherapie
  • Chronische Erkrankungen
  • Starker körperlicher oder emotionaler Stress
  • Menschen mit einem geschwächten Immunsystem

Kinder sind sehr selten betroffen.

Symptome und Krankheitsverlauf

Frühsymptome erkennen

Die ersten Anzeichen eines Zoster ophthalmicus treten meist 1-2 Tage vor dem sichtbaren Hautausschlag auf:

Prodromalstadium (Vorboten):

  • Brennende, juckende Schmerzen im Bereich von Auge, Stirn oder Nase
  • Schmerzen und ein Kribbeln an der Stirn
  • Lichtscheu, Tränenfluss, Rötungen und Schwellungen der Augen
  • Allgemeine Krankheitssymptome wie Müdigkeit und leichtes Fieber

Charakteristische Hautveränderungen

Zu Beginn des Ausschlags bilden sich kleine, rötliche Flecken, die sich recht schnell zu flüssigkeitsgefüllten Bläschen entwickeln. Der Ausschlag tritt einseitig im Bereich von Stirn, Nase und Augen auf. Meist ist eine klare Grenze zur Mitte des Gesichts hin zu erkennen.

Typischer Verlauf der Hautveränderungen:

  1. Rötliche Flecken und kleine Knötchen
  2. Entwicklung flüssigkeitsgefüllter Bläschen
  3. Platzen der Bläschen und Krustenbildung
  4. Abheilung nach 3-4 Wochen, möglicherweise mit Narbenbildung

Das Hutchinson-Zeichen – wichtiges Warnzeichen

Patienten mit Herpes zoster an der Stirn mit Beteiligung des Nervus nasociliaris (erkennbar an einer Läsion an der Nasenspitze) haben ein dreifach höheres Risiko für eine Augenbeteiligung als Patienten ohne Läsionen an der Nasenspitze.

Dieses sogenannte Hutchinson-Zeichen ist für Augenärzte ein wichtiger Hinweis darauf, dass eine intensive ophthalmologische Untersuchung erforderlich ist.

Augensymptome bei Zoster ophthalmicus

Zu den typischen Symptomen am Auge zählen der bläschenförmige Ausschlag auf dem Augenlid, Schmerzen, Schwellung, vermehrter Tränenfluss, Lichtempfindlichkeit und Lidkrämpfe.

Weitere Augenbeschwerden:

  • Starke Augenschmerzen
  • Ausgeprägte Lidschwellungen
  • Rötung von Bindehaut und Lederhaut
  • Hornhauttrübung und -schwellung
  • Die Hornhaut (die klare Schicht vor der Iris und Pupille) kann sich infizieren und entzünden
  • Sehverschlechterung bis hin zu Sehstörungen

Mögliche Komplikationen und Spätfolgen

Akute Komplikationen

Der Zoster ophthalmicus kann verschiedene Teile des Auges betreffen und zu schwerwiegenden Komplikationen führen:

Hornhautbeteiligung (Keratitis):

  • Die Keratitis und/oder Uveitis können schwerwiegend sein und zur Vernarbung führen
  • Hornhautgeschwüre und Perforation
  • Bakterielle Superinfektionen

Regenbogenhautentzündung (Uveitis):

  • Entzündung der Iris und des Ziliarkörpers
  • Erhöhung des Augeninnendrucks
  • Kammerwassertrübung

Erhöhter Augeninnendruck:

  • Akutes Glaukom
  • Sekundäres Glaukom durch Entzündung

Langzeitfolgen und chronische Komplikationen

Spätfolgen—Glaukom, Katarakt, chronische oder rezidivierende Uveitis, Hornhautvernarbung, Hornhautneovaskularisation und Hypästhesie—sind häufig und können das Sehvermögen bedrohen.

Häufige Spätfolgen:

  • Als Spätfolgen der Gürtelrose am Augen können Glaukom, Katarakt, Hornhautvernarbung und Sensibiltitässtörungen am Augen auftreten
  • Chronische Hornhautentzündung
  • Trockenes Auge durch Nervenschäden
  • Dauerhafte Sehstörungen bis zur Erblindung können vorkommen, besonders bei irreversiblen Vernarbungen der Hornhaut

Post-Zoster-Neuralgie

Zudem besteht wie bei allen Formen der Gürtelrose die Gefahr, dass sich eine Post-Zoster-Neuralgie einstellt. Hierbei verspüren die Patienten über die eigentliche Erkrankung hinaus starke Nervenschmerzen.

Diese chronischen Nervenschmerzen können Monate bis Jahre anhalten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.

Diagnose des Zoster ophthalmicus

Klinische Diagnosestellung

Die Diagnose kann gewöhnlich basierend auf den Symptomen und dem Erscheinungsbild des Ausschlags eindeutig gestellt werden. Erfahrene Augenärzte erkennen die charakteristische Kombination aus:

  • Einseitigem Hautausschlag im Stirnbereich
  • Typischem bläschenförmigem Erscheinungsbild
  • Begleitenden Augensymptomen
  • Hutchinson-Zeichen (Bläschen an der Nasenspitze)

Labordiagnostik

Ist die Diagnose unklar, so kann sie entweder durch Bluttests bestätigt werden oder das Virus in der Flüssigkeit aus den Bläschen nachgewiesen werden.

Moderne Nachweismethoden:

  • Der molekulare Nachweis von VZV-DNA aus Abstrichen gilt heute als Goldstandard für die Labordiagnostik der VZV-Infektion
  • PCR-Untersuchung aus Bläscheninhalt
  • Bei Verdacht auf Zoster ophthalmicus kann VZV-DNA im Kammerwasser oder z. T. auch aus einem Augenabstrich nachgewiesen werden

Augenärztliche Untersuchung

Eine umfassende ophthalmologische Untersuchung ist bei jedem Verdacht auf Zoster ophthalmicus unverzichtbar:

Wichtige Untersuchungsschritte:

  • Sehschärfenprüfung
  • Spaltlampenuntersuchung der vorderen Augenabschnitte
  • Augeninnendruckmessung
  • Untersuchung der Hornhautsensibilität
  • Beurteilung von Hornhaut, Iris und Linse
  • Bei Bedarf: Funduskopie zur Beurteilung der Netzhaut

Moderne Behandlungskonzepte

Antivirale Therapie – das A und O

Es ist es wichtig, die Krankheit Zoster ophthalmicus so früh wie möglich (am besten innerhalb von 72 Stunden nach Symptombeginn) mit oralen antiviralen Medikamenten zu behandeln.

Standardtherapie mit antiviralen Medikamenten:

Die empfohlenen Dosierung sind:

  • Aciclovir 800 mg 5 mal täglich für 7 Tage (oral)
  • Valaciclovir 1000 mg 3 mal täglich für 7 Tage (oral)
  • Famciclovir 500 mg 3 mal täglich für 7-10 Tage (oral)

Bei schweren Verläufen:

  • Alle Patienten mit Zoster ophthalmicus/Zoster des 1. Trigeminusastes sollten umgehend Aciclovir intravenös (8–10 mg/kg KG über 7–10 Tage) erhalten
  • Besonders bei immungeschwächten Patienten
  • Bei ausgeprägter Augenbeteiligung

Neue Erkenntnisse zur Langzeittherapie

Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die Einnahme eines antiviralen Medikamentes über ein Jahr hinweg Sehschäden im Zusammenhang mit Gürtelrose am Auge verhindern kann.

Die aktuellsten Studien belegen:

  • Die einjährige Anwendung von Valacyclovir das Risiko einer neuen oder sich verschlimmernden Augenerkrankung 18 Monate nach Beginn der Behandlung um 26 Prozent senken kann
  • Mit Valacyclovir behandelte Patienten zeigten eine um 30 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, dass die HZO ein oder anderthalb Jahre später wieder aufflammte

Zusätzliche medikamentöse Behandlung

Kortikosteroid-Augentropfen:

  • Es werden Augentropfen wie Cyclopentolat oder Atropin verabreicht, um die Pupille erweitert zu halten, damit eine schwere Form des Glaukoms verhindert und die Schmerzen gelindert werden
  • Entzündungshemmende Wirkung
  • Vorbeugung von Verwachsungen

Schmerztherapie:

  • Schmerztherapeutisch kommen im Akutstadium Paracetamol, Metamizol oder Opioide, wie z. B. Tramadol oder Tilidin, zur Anwendung
  • Entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen können die Schmerzen und die Schwellung lindern
  • Bei chronischen Nervenschmerzen: Gabapentin, Pregabalin oder Carbamazepin

Lokalbehandlung:

  • Zur symptomatischen, lokalen Behandlung werden vor allem austrocknende, juckreizlindernde und antiseptisch wirksame topische Wirkstoffe und eventuell feuchte Umschläge (im Bläschenstadium) eingesetzt
  • Es sollte außerdem vermieden werden, am Ausschlag zu kratzen

Vorbeugende Maßnahmen und Impfschutz

Zoster-Impfung – wirksamer Schutz

Ein rekombinanter Impfstoff gegen Gürtelrose wird bei gesunden Menschen im Alter von über 50 Jahren empfohlen, ungeachtet dessen, ob sie in der Vergangenheit bereits Windpocken oder eine Gürtelrose hatten oder ob sie den älteren Impfstoff gegen Herpes zoster erhalten haben.

Vorteile der modernen Zoster-Impfung:

  • Der neue rekombinante Impfstoff ist bei mehr als 90 Prozent der Menschen wirksam, während der ältere Impfstoff nur bei 50 Prozent der Menschen wirksam war
  • Der Impfstoff wird seit 2018 für alle Erwachsenen ab 50 Jahren und seit 2022 auch für immungeschwächte Erwachsene ab 19 Jahren empfohlen

Impfempfehlungen nach STIKO

Empfohlen wird er allen Menschen ab 60 Jahren sowie chronisch kranken Personen mit erhöhtem Zoster-Risiko bereits ab 50 Jahren.

Besondere Impfindikationen:

  • Alle Personen ab 60 Jahren
  • Immungeschwächte Personen ab 50 Jahren
  • Patienten mit chronischen Grunderkrankungen
  • Personen mit erhöhtem beruflichen Expositionsrisiko

Wann zum Augenarzt? – Alarmsymptome erkennen

Notfallsituationen

Sofortige augenärztliche Behandlung bei:

  • Plötzlicher Sehverschlechterung
  • Starken Augenschmerzen
  • Sehminderung, Augenschmerzen, Photophobie und verminderte Hornhautsensibilität sind Indikatoren für die Beteiligung des Auges
  • Hutchinson-Zeichen (Bläschen an der Nasenspitze)
  • Jeder Form von Hautausschlag im Stirnbereich

Warum schnelles Handeln entscheidend ist

Eine frühzeitige Behandlung (innerhalb von 72 Stunden) mit antiviralen Medikamenten bewirkt eine Schmerzlinderung, einen milderen Verlauf und weniger Komplikationen.

Vorteile der frühen Behandlung:

  • Verkürzung der Krankheitsdauer
  • Reduzierung der Komplikationsrate
  • Geringeres Risiko einer Post-Zoster-Neuralgie
  • Die Augenbeteiligung bei Zoster ophthalmicus kann mit einer zeitlichen Verzögerung von mehr als vier Wochen auftreten

Prognose und Langzeitausblick

Heilungschancen

Bei rechtzeitiger und angemessener Behandlung ist die Prognose des Zoster ophthalmicus deutlich besser geworden. Nach 3 bis 4 Wochen kommt es zur Abheilung. Eine Narbenbildung ist möglich. Persistierende neuralgische Schmerzen und Hypästhesien sind ebenfalls keine Seltenheit.

Faktoren für die Prognose

Günstige Prognosefaktoren:

  • Frühzeitige Behandlung innerhalb 72 Stunden
  • Jüngeres Lebensalter
  • Intaktes Immunsystem
  • Keine schwerwiegende Augenbeteiligung

Ungünstige Prognosefaktoren:

  • Fortgeschrittenes Lebensalter
  • Immunschwäche
  • Verzögerte Behandlung
  • Ausgedehnte Hornhautbeteiligung

Leben mit den Folgen – Praktische Tipps

Nachsorge und Kontrolluntersuchungen

Die Therapiestrategie bei Zoster ophthalmicus sowie die Notwendigkeit für eine augenärztliche Nachkontrolluntersuchung sollte durch einen Ophthalmologen festgelegt werden.

Empfohlene Nachsorgeintervalle:

  • Erste Woche: tägliche Kontrollen
  • Zweite bis vierte Woche: 2-3 Kontrollen pro Woche
  • Anschließend: monatliche Kontrollen über 6 Monate
  • Langfristig: halbjährliche Kontrollen

Unterstützung bei chronischen Beschwerden

Bei persistierenden Symptomen stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung:

Bei chronischen Augenproblemen:

  • Künstliche Tränen bei trockenem Auge
  • Spezielle Kontaktlinsen bei Hornhautveränderungen
  • Glaukom-Therapie bei erhöhtem Augeninnendruck

Bei Post-Zoster-Neuralgie:

  • Spezialisierte Schmerztherapie
  • Physiotherapie und Entspannungsverfahren
  • Psychologische Unterstützung

Ansteckungsgefahr und Hygienemaßnahmen

Übertragungsrisiko verstehen

Es besteht eine Ansteckungsgefahr für Menschen, die keine Windpocken hatten oder nicht dagegen geimpft wurden; diese können sich durch Kontakt mit den flüssigkeitsgefüllten Bläschen mit Zoster infizieren und an Windpocken erkranken.

Wichtige Hygieneregeln:

  • Keine gemeinsame Nutzung von Handtüchern oder Bettwäsche
  • Bläschen nicht berühren oder aufkratzen
  • Regelmäßiges Händewaschen
  • Abstand zu ungeschützten Personen halten

Besondere Vorsichtsmaßnahmen

Kontakt vermeiden mit:

  • Schwangeren ohne Windpocken-Immunität
  • Neugeborenen und Säuglingen
  • Immungeschwächten Personen
  • Ungeimpften Kindern

Fazit: Früherkennung rettet Sehkraft

Der Zoster ophthalmicus ist eine ernste Erkrankung, die unbehandelt zu schwerwiegenden und dauerhaften Sehschäden führen kann. Dank moderner Behandlungsmethoden und verbessertem Verständnis der Erkrankung haben sich die Prognosen jedoch deutlich verbessert.

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren:

  • Frühe Erkennung der Symptome
  • Sofortige augenärztliche Behandlung
  • Konsequente antivirale Therapie
  • Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen
  • Präventive Impfung für Risikogruppen

„Prävention ist noch wirksamer als jede Behandlung“, wie Experten betonen. Die Zoster-Impfung ab 50 Jahren bietet einen hocheffektiven Schutz und sollte von allen Personen in der entsprechenden Altersgruppe in Anspruch genommen werden.

Bei ersten Anzeichen eines Hautausschlags im Gesichtsbereich oder unklaren Augenbeschwerden zögern Sie nicht – suchen Sie umgehend augenärztliche Hilfe auf. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Chancen, Ihre Sehkraft vollständig zu erhalten.

Diesen Eintrag Teilen