Kammerwinkel

Kammerwinkel

Der Kammerwinkel ist eine anatomische Struktur in der vorderen Augenkammer, wo Hornhaut und Regenbogenhaut aufeinandertreffen. Er spielt eine zentrale Rolle beim Abfluss des Kammerwassers und reguliert damit den Augeninnendruck. Störungen im Kammerwinkel können zu einem Glaukom führen, einer der häufigsten Ursachen für Erblindung.

Was ist der Kammerwinkel und warum ist er so wichtig?

Der Kammerwinkel, in der Fachsprache auch Angulus iridocornealis genannt, ist der Bereich im vorderen Augenabschnitt, in dem drei bedeutende Strukturen zusammentreffen: die Hornhaut (Cornea), die Regenbogenhaut (Iris) und die vordere Augenkammer. Diese winkelförmige Struktur bildet das Herzstück des Kammerwasserabflusssystems und ist damit maßgeblich für die Regulierung des Augeninnendrucks verantwortlich.

Das Auge produziert kontinuierlich Kammerwasser, eine klare Flüssigkeit, die für die Ernährung der Hornhaut und der Linse sowie für die Aufrechterhaltung der Augenform unerlässlich ist. Der Ziliarkörper hinter der Iris stellt diese Flüssigkeit permanent her und gibt sie in die hintere Augenkammer ab. Von dort fließt das Kammerwasser durch die Pupille in die vordere Augenkammer und muss schließlich wieder abfließen, um einen gesunden Augeninnendruck aufrechtzuerhalten. Genau hier kommt der Kammerwinkel ins Spiel: Er fungiert als Drainagesystem des Auges und ermöglicht den kontrollierten Abfluss der überschüssigen Flüssigkeit.

Wenn dieses fein abgestimmte System gestört wird, kann der Augeninnendruck gefährlich ansteigen. Ein erhöhter Druck schädigt langfristig den Sehnerv und führt zu einem fortschreitenden Verlust des Gesichtsfelds. Diese Erkrankung wird als Glaukom oder Grüner Star bezeichnet und zählt weltweit zu den häufigsten Erblindungsursachen. Die Bedeutung des Kammerwinkels für die Augengesundheit kann daher nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Der anatomische Aufbau des Kammerwinkels

Der Kammerwinkel ist keine einfache Struktur, sondern setzt sich aus mehreren spezialisierten Geweben zusammen, die präzise zusammenarbeiten. Von vorne nach hinten betrachtet lassen sich vier Hauptstrukturen unterscheiden:

Die Schwalbe-Linie markiert den vordersten Punkt des Kammerwinkels. Sie erscheint bei der Untersuchung als zarte graue Linie und stellt die Grenze zwischen dem Hornhautendothel und dem Trabekelmaschenwerk dar. Die Schwalbe-Linie entspricht dem äußeren Rand der Descemet-Membran, der innersten Schicht der Hornhaut. Bei manchen angeborenen Fehlbildungen kann diese Linie deutlich prominenter ausgeprägt sein, was auf mögliche Entwicklungsstörungen hinweist.

Das Trabekelwerk ist wohl die wichtigste funktionelle Struktur des Kammerwinkels. Es besteht aus einem feinen Netzwerk von Gewebebalken, das unter dem Mikroskop an einen Schwamm erinnert. Man unterscheidet zwei Bereiche: einen vorderen, unpigmentierten Anteil mit weißlicher Farbe und einen hinteren, meist pigmentierten funktionellen Anteil. Das Trabekelwerk wirkt wie ein Filter, der das Kammerwasser durchlässt, größere Partikel jedoch zurückhält. Im hinteren Bereich des Trabekelwerks liegt der Schlemm-Kanal, ein ringförmiger Sammelkanal, über den das gefilterte Kammerwasser schließlich in die Blutbahn abgeleitet wird.

Der Skleralsporn ist eine ringförmige Verstärkung der Lederhaut (Sklera), die unmittelbar hinter dem Trabekelwerk liegt. Er erscheint bei der Untersuchung als markante weiße Linie und dient als anatomischer Orientierungspunkt. Der Skleralsporn verbindet verschiedene Gewebe miteinander und gibt dem Kammerwinkel strukturelle Stabilität. Bei einer starken Pigmentierung kann diese Struktur allerdings überlagert und weniger gut sichtbar sein.

Das Ziliarkörperband bildet den hintersten sichtbaren Anteil des Kammerwinkels. Es ist Teil des Ziliarmuskels und liegt direkt auf der Irisbasis auf. Diese Struktur erscheint grau bis dunkelbraun und spielt nicht nur für den Kammerwasserabfluss eine Rolle, sondern ist auch an der Akkommodation beteiligt – der Fähigkeit des Auges, sich auf unterschiedliche Sehdistanzen einzustellen.

Die Funktion des Kammerwinkels im Detail

Die Hauptaufgabe des Kammerwinkels besteht in der Regulierung des Kammerwasserflusses. Dieser Prozess läuft kontinuierlich und präzise ab: Der Ziliarkörper produziert etwa zwei bis drei Mikroliter Kammerwasser pro Minute. Diese Flüssigkeit wandert von der hinteren in die vordere Augenkammer und muss in gleicher Menge wieder abfließen, um einen konstanten Augeninnendruck aufrechtzuerhalten.

Das Kammerwasser erreicht den Kammerwinkel und tritt zunächst in die Spalträume des Trabekelwerks ein. Diese feinen Kanäle, auch Fontanasche Räume genannt, verlaufen zwischen den einzelnen Gewebebalken. Das Trabekelwerk fungiert dabei als intelligentes Filtersystem: Es lässt das klare Kammerwasser passieren, hält aber Zellreste, Pigmentpartikel und andere Ablagerungen zurück. Dieser Filtermechanismus ist essentiell, um zu verhindern, dass der nachfolgende Schlemm-Kanal verstopft wird.

Vom Trabekelwerk gelangt das Kammerwasser in den Schlemm-Kanal, ein ringförmiges Gefäß, das die Hornhaut wie ein Reifen umgibt. Dieser Kanal ist mit dem venösen Blutkreislauf verbunden und leitet das Kammerwasser über kleinere Sammelkanäle in episklerale und intrasklerale Venen ab. Von dort fließt es schließlich in das venöse System des Körpers und wird abtransportiert.

Die Regulierung dieses Abflusses erfolgt nicht passiv, sondern kann aktiv beeinflusst werden. Der Ziliarkörper und die umgebenden Muskeln können die Durchlässigkeit des Trabekelwerks verändern und so den Abflusswiderstand anpassen. Dieses fein austarierte System hält den Augeninnendruck normalerweise zwischen 10 und 21 mmHg – ein Wert, der optimal für die Funktion des Auges ist.

Neben dieser Hauptfunktion spielt der Kammerwinkel auch eine Rolle bei der Temperaturregulierung des Auges. Die Blutgefäße im Iriswurzelbereich tragen dazu bei, das Kammerwasser auf einer konstanten Temperatur zu halten, was für optimale Stoffwechselprozesse wichtig ist. Zudem läuft der Ziliarmuskel im Kammerwinkel aus und unterstützt so indirekt die Akkommodation der Linse.

Die Weite des Kammerwinkels und ihre klinische Bedeutung

Die Weite des Kammerwinkels variiert von Mensch zu Mensch und hat erhebliche klinische Relevanz. Ein weiter Kammerwinkel ermöglicht einen ungehinderten Kammerwasserabfluss, während ein enger Kammerwinkel das Risiko für Abflussstörungen und damit für ein Glaukom erhöht.

Zur Klassifizierung der Kammerwinkelweite hat sich die Einteilung nach Shaffer durchgesetzt. Diese unterscheidet fünf Grade, die den Winkel zwischen Iris und Hornhaut beschreiben:

Bei Grad IV (35 bis 45 Grad) liegt ein sehr weiter Kammerwinkel vor. Alle Strukturen bis zum Ziliarkörperband sind gut sichtbar, und ein Verschluss des Winkels ist praktisch unmöglich. Dies ist der ideale Befund, bei dem kein erhöhtes Glaukomrisiko besteht.

Ein Grad III (20 bis 35 Grad) bezeichnet einen offenen Kammerwinkel, bei dem Strukturen bis zum Skleralsporn einsehbar sind. Ein Verschluss ist hier unwahrscheinlich, und dieser Befund gilt als normal.

Bei Grad II (etwa 20 Grad) spricht man von einem mäßig engen Kammerwinkel. Das Trabekelwerk ist noch sichtbar, aber ein Verschluss ist durchaus möglich. Patienten mit diesem Befund sollten regelmäßig kontrolliert werden.

Ein Grad I (etwa 10 Grad) bedeutet einen sehr engen Kammerwinkel. Nur noch die Schwalbe-Linie ist sichtbar, und die Wahrscheinlichkeit eines Verschlusses ist hoch. Hier besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für einen akuten Glaukomanfall.

Bei Grad 0 (0 Grad) liegt ein verschlossener Kammerwinkel vor, bei dem die Iris direkten Kontakt zur Hornhaut hat. Dies ist ein Notfall, der sofortige medizinische Intervention erfordert.

Bestimmte Faktoren begünstigen einen engen Kammerwinkel. Dazu gehören eine höhere Weitsichtigkeit (Hyperopie), bei der das Auge kürzer gebaut ist, ein fortgeschrittener Grauer Star (Katarakt), bei der die verdickte Linse den vorderen Augenabschnitt einengt, sowie genetische Faktoren. Insbesondere bei Menschen asiatischer Herkunft ist der Kammerwinkel häufig enger ausgeprägt, was das Glaukomrisiko in dieser Bevölkerungsgruppe erhöht.

Untersuchung des Kammerwinkels – Die Gonioskopie

Mit bloßem Auge oder auch mit der Spaltlampe kann der Kammerwinkel nicht direkt eingesehen werden. Der Grund dafür liegt in der Totalreflexion des Lichtes an der Grenzfläche zwischen Hornhaut und Luft. Um den Kammerwinkel dennoch untersuchen zu können, bedarf es spezieller Kontaktgläser und einer Technik namens Gonioskopie.

Die Gonioskopie ist ein unverzichtbares diagnostisches Verfahren in der Augenheilkunde und gehört zur Standarduntersuchung bei Verdacht auf ein Glaukom. Sie liefert Informationen, die auf keine andere Weise zu erhalten sind, und ermöglicht es dem Augenarzt, den Zustand des Kammerwinkels präzise zu beurteilen.

Ablauf der Gonioskopie: Vor der Untersuchung wird das Auge mit speziellen Augentropfen betäubt, sodass der Patient während der Untersuchung keine Schmerzen verspürt. Anschließend setzt der Augenarzt ein spezielles Kontaktglas, das Gonioskop, direkt auf die Hornhaut auf. Bei manchen Gonioskopen ist zusätzlich ein Kontaktgel erforderlich, um eine optimale Anlage zu gewährleisten.

Das Gonioskop enthält einen oder mehrere Spiegel mit bestimmten Neigungswinkeln, die den Blick in den Kammerwinkel ermöglichen. Die Untersuchung erfolgt an der Spaltlampe, einem speziellen Untersuchungsmikroskop. Durch die Spiegel im Gonioskop wird das Licht so umgelenkt, dass der Augenarzt die Strukturen des Kammerwinkels direkt betrachten kann.

Es gibt verschiedene Arten von Gonioskopen. Das Goldmann-Dreispiegelkontaktglas verfügt über drei Spiegel: zwei für die Untersuchung der Netzhautperipherie und einen mit einem Neigungswinkel von 59 Grad speziell für den Kammerwinkel. Bei dieser Methode muss das Glas um 360 Grad gedreht werden, um den gesamten Kammerwinkel zirkulär einzusehen.

Das Zeiss-Vierspiegelglas hat vier Spiegel mit einem Neigungswinkel von 64 Grad und erlaubt die Beurteilung aller Quadranten ohne Drehung des Glases. Aufgrund seiner flacheren Krümmung ist kein Kontaktgel erforderlich. Ein besonderer Vorteil dieses Glases besteht darin, dass durch leichten Druck auf die Hornhaut eine Flüssigkeitsumverteilung in der vorderen Augenkammer erreicht werden kann. Dadurch lässt sich ein enger Kammerwinkel vorübergehend weiten, was die Beurteilung erleichtert und zeigt, ob ein verschlossener Winkel noch eröffnet werden kann.

Bei der Eindellungsgonioskopie wird zusätzlich zur normalen Untersuchung die Hornhaut eingedellt. Diese Technik hilft zu unterscheiden, ob eine Kammerwinkelverengung funktionell (durch Flüssigkeitsdruck) oder anatomisch (durch Verwachsungen) bedingt ist.

Worauf achtet der Augenarzt? Während der Gonioskopie beurteilt der Augenarzt mehrere wichtige Aspekte. Zunächst wird die Weite des Kammerwinkels nach der Shaffer-Klassifikation eingestuft. Dann werden die einzelnen Strukturen betrachtet: Sind alle anatomischen Landmarken sichtbar? Wie ist der Pigmentierungsgrad des Trabekelwerks? Eine übermäßige Pigmentierung kann auf ein Pigmentdispersionsglaukom hinweisen.

Besonders wichtig ist die Suche nach pathologischen Veränderungen. Dazu gehören Gefäßneubildungen (Neovaskularisationen), die auf ein schwerwiegendes neovask

uläres Glaukom hindeuten können, Verklebungen zwischen Iris und Hornhaut (Goniosynechien), die nach Entzündungen oder Anfällen entstehen können, sowie Tumore, Zysten oder Fremdkörper im Kammerwinkelbereich.

Moderne bildgebende Verfahren: Neben der klassischen Gonioskopie stehen heute auch moderne bildgebende Verfahren zur Verfügung. Die Ultraschallbiomikroskopie (UBM) und die Vorderabschnitt-OCT (Anterior Segment Optical Coherence Tomography) ermöglichen eine kontaktlose, objektive Darstellung des Kammerwinkels. Diese Verfahren sind besonders hilfreich bei Patienten, bei denen eine Kontaktuntersuchung nicht möglich ist, oder zur präzisen Verlaufskontrolle. Die Scheimpflugkamera liefert zusätzliche Informationen über die Kammertiefe und die räumlichen Verhältnisse im vorderen Augenabschnitt.

Erkrankungen des Kammerwinkels

Störungen im Bereich des Kammerwinkels können schwerwiegende Folgen für das Sehvermögen haben. Die wichtigste und häufigste Erkrankungsgruppe sind die verschiedenen Formen des Glaukoms.

Offenwinkelglaukom: Das primäre Offenwinkelglaukom ist die häufigste Form des Grünen Stars. Trotz eines anatomisch offenen Kammerwinkels kommt es zu einer allmählichen Abflussstörung des Kammerwassers. Die Ursache liegt in degenerativen Veränderungen des Trabekelmaschenwerks, das mit der Zeit seine Filterfunktion verliert. Die Durchlässigkeit des Gewebes nimmt ab, wodurch sich der Abflusswiderstand erhöht und der Augeninnendruck steigt.

Diese Form des Glaukoms entwickelt sich schleichend über Jahre oder Jahrzehnte. Betroffene bemerken zunächst keine Symptome, da der Sehnerv langsam und schmerzlos geschädigt wird. Erst wenn bereits ein erheblicher Teil der Nervenfasern verloren gegangen ist, machen sich Gesichtsfeldausfälle bemerkbar – zunächst im peripheren Sehen, später kann sich ein Tunnelblick entwickeln. Da die Schäden irreversibel sind, ist die Früherkennung durch regelmäßige augenärztliche Kontrollen essentiell.

Engwinkelglaukom: Bei einem Engwinkelglaukom ist der Kammerwinkel anatomisch verengt, wodurch der Kammerwasserabfluss behindert wird. Diese Form des Glaukoms kann chronisch verlaufen, birgt aber auch das Risiko eines akuten Anfalls. Die anatomische Enge prädisponiert dazu, dass sich der Kammerwinkel plötzlich vollständig verschließen kann.

Akuter Glaukomanfall (Winkelblockglaukom): Der akute Glaukomanfall ist ein augenärztlicher Notfall. Hierbei verlegt sich der Kammerwinkel plötzlich vollständig, meist durch eine Vorwölbung der Iris. Das Kammerwasser kann nicht mehr abfließen, und der Augeninnendruck steigt binnen Stunden auf Werte von 50, 60 oder sogar über 70 mmHg an – etwa das Drei- bis Siebenfache des Normalwerts.

Die Symptome sind dramatisch: heftigste Augenschmerzen, die bis in die Stirn und Schläfen ausstrahlen, eine hochrote Bindehaut, eine trübe Hornhaut, eine weite, reaktionslose Pupille sowie massiv verschwommenes Sehen. Häufig kommen Übelkeit und Erbrechen hinzu. Betroffene berichten oft vom Sehen von Farbringen um Lichtquellen (Halos). Ohne sofortige Behandlung droht innerhalb weniger Stunden eine dauerhafte Schädigung des Sehnervs mit irreversiblem Sehverlust.

Auslöser für einen akuten Anfall können eine medikamentöse Pupillenerweiterung, längerer Aufenthalt in Dunkelheit, emotionaler Stress oder bestimmte Medikamente sein. Menschen mit engem Kammerwinkel sollten daher vor Pupillenerweiterungen immer eine gonioskopische Untersuchung erhalten.

Pigmentdispersionsglaukom: Bei dieser Form lösen sich Pigmentpartikel von der Rückseite der Iris und lagern sich im Kammerwinkel ab. Diese Pigmentablagerungen verstopfen allmählich das Trabekelwerk und behindern den Kammerwasserabfluss. Typischerweise sind jüngere, kurzsichtige Männer betroffen. Die Pigmentierung ist bei der Gonioskopie charakteristisch homogen und dicht, meist im unteren Quadranten besonders ausgeprägt.

Neovaskularisationsglaukom: Diese schwere Form des Glaukoms entsteht, wenn abnorme neue Blutgefäße in den Kammerwinkel einwachsen. Diese Gefäßneubildungen sind zart verästelt, verlaufen in verschiedene Richtungen und können das Trabekelwerk überziehen. Das Neovaskularisationsglaukom tritt häufig als Komplikation anderer Augenerkrankungen auf, insbesondere bei fortgeschrittener diabetischer Retinopathie, Netzhautvenenverschlüssen oder nach Netzhautablösungen. Die Prognose ist ernst, da sowohl der Augeninnendruck als auch die Grunderkrankung behandelt werden müssen.

Angeborene Kammerwinkelfehlbildungen: Entwicklungsstörungen während der Embryonalzeit können zu strukturellen Anomalien des Kammerwinkels führen. Bei der Axenfeld-Rieger-Anomalie liegt eine prominente Schwalbe-Linie (Embryotoxon posterius) vor, oft kombiniert mit weiteren Fehlbildungen. Diese Veränderungen erhöhen das Risiko für ein kongenitales Glaukom erheblich. Auch die Peters-Anomalie mit iridokornea

len Adhäsionen gehört zu diesen angeborenen Störungen.

Weitere Erkrankungen: Entzündungen der mittleren Augenhaut (Uveitis) können zu Verklebungen im Kammerwinkel führen. Traumatische Verletzungen können das Trabekelwerk schädigen oder Blutungen im Kammerwinkel verursachen. Tumore oder Zysten im Kammerwinkelbereich sind selten, müssen aber ausgeschlossen werden.

Behandlungsmöglichkeiten bei Kammerwinkelerkrankungen

Die Behandlung von Kammerwinkelerkrankungen zielt darauf ab, den Augeninnendruck zu senken und weitere Schäden am Sehnerv zu verhindern. Je nach Erkrankungsform und Schweregrad stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung.

Medikamentöse Behandlung: Beim chronischen Offenwinkelglaukom bilden drucksenkende Augentropfen die Basis der Therapie. Prostaglandin-Analoga erhöhen den Kammerwasserabfluss über alternative Wege, Betablocker reduzieren die Kammerwasserproduktion, und Carboanhydrasehemmer wirken ebenfalls produktionshemmend. Oft werden verschiedene Wirkstoffklassen kombiniert, um den Druck optimal zu kontrollieren. Die konsequente tägliche Anwendung ist entscheidend für den Therapieerfolg.

Laserbehandlungen: Die selektive Lasertrabekuloplastik (SLT) ist ein ambulanter Eingriff am Kammerwinkel. Dabei werden mit einem speziellen Laser gezielt pigmentierte Zellen im Trabekelwerk behandelt. Dies löst biologische Prozesse aus, die die Durchlässigkeit des Gewebes verbessern und den Kammerwasserabfluss erleichtern. Der Eingriff ist schonend, meist gut verträglich und kann bei Bedarf wiederholt werden.

Bei engem Kammerwinkel kann eine Laser-Iridotomie durchgeführt werden. Hierbei wird mit dem Laser ein kleines Loch in die periphere Iris geschaffen. Dadurch kann das Kammerwasser direkt von der hinteren in die vordere Augenkammer fließen, ohne den Kammerwinkel passieren zu müssen. Dies beugt einem akuten Winkelblock vor und ist bei Risikopatienten oft prophylaktisch indiziert.

Operative Verfahren: Wenn Medikamente und Laserbehandlungen nicht ausreichen, kommen chirurgische Eingriffe infrage. Bei der Trabekulektomie wird ein künstlicher Abflussweg geschaffen, über den das Kammerwasser unter die Bindehaut abfließen kann. Diese fistulierende Operation ist sehr effektiv, erfordert aber eine intensive Nachsorge.

Neuere minimal-invasive Verfahren (MIGS – minimal invasive Glaukomchirurgie) gewinnen zunehmend an Bedeutung. Dabei werden winzige Stents oder Bypässe in den Kammerwinkel eingesetzt, die den Kammerwasserabfluss verbessern. Diese Eingriffe sind schonender als klassische Operationen und können oft mit einer Kataraktoperation kombiniert werden.

Bei kongenitalen Glaukomformen kommt die Goniotomie zum Einsatz, bei der embryonales Restgewebe im Kammerwinkel gespalten wird, um den Abfluss zu normalisieren.

Notfallbehandlung beim akuten Anfall: Der akute Glaukomanfall erfordert sofortige Maßnahmen. Medikamentös werden hochdosierte drucksenkende Augentropfen, intravenöse Carboanhydrasehemmer und osmotische Substanzen eingesetzt, um den Druck rasch zu senken. Sobald der Druck gesunken ist, erfolgt eine Laser-Iridotomie zur dauerhaften Behebung der Blockade. Auch das Partnerauge sollte vorsorglich behandelt werden, da das Risiko eines Anfalls dort ebenfalls erhöht ist.

Vorsorge und Früherkennung

Die beste Strategie gegen Kammerwinkelerkrankungen ist die Früherkennung. Da das Offenwinkelglaukom schleichend und symptomlos beginnt, sind regelmäßige augenärztliche Vorsorgeuntersuchungen ab dem 40. Lebensjahr empfohlen. Bei familiärer Belastung oder anderen Risikofaktoren sollten die Kontrollen bereits früher beginnen.

Eine vollständige Glaukom-Vorsorgeuntersuchung umfasst die Messung des Augeninnendrucks (Tonometrie), die Beurteilung des Sehnervenkopfes, die Gesichtsfeldmessung (Perimetrie) sowie idealerweise eine Gonioskopie zur Beurteilung des Kammerwinkels. Moderne Verfahren wie die OCT-Untersuchung erlauben zudem eine präzise Messung der Nervenfaserschichtdicke und erkennen früheste Schädigungen.

Patienten mit engem Kammerwinkel sollten auf bestimmte Risikofaktoren achten. Dazu gehört die Vorsicht bei der Einnahme von Medikamenten mit anticholinerger Wirkung, die die Pupille erweitern können. Vor augenärztlichen Untersuchungen mit Pupillenerweiterung sollte stets eine Kontrolle des Kammerwinkels erfolgen.

Fazit

Der Kammerwinkel ist eine kleine, aber außerordentlich wichtige Struktur im Auge. Seine Funktion als Drainagesystem für das Kammerwasser ist essentiell für einen gesunden Augeninnendruck und damit für die Erhaltung des Sehvermögens. Störungen im Kammerwinkel zählen zu den häufigsten Ursachen für Glaukomerkrankungen und damit für Erblindung.

Dank moderner Untersuchungsmethoden wie der Gonioskopie können Kammerwinkelveränderungen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Die rechtzeitige Diagnose und konsequente Therapie können in den meisten Fällen einen Sehverlust verhindern oder zumindest verlangsamen. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Augenarzt sind daher unerlässlich – besonders für Menschen mit erhöhtem Glaukomrisiko.

Bei Fragen zum Kammerwinkel oder zur Glaukom-Vorsorge stehen wir Ihnen in unserer Praxis gerne zur Verfügung. Vereinbaren Sie einen Termin für eine umfassende augenärztliche Untersuchung.

 

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