Definition

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine progressive Erkrankung der Netzhaut, die den zentralen Bereich der Retina, die Makula, betrifft. Sie stellt in Industrieländern die häufigste Ursache für schwere Sehbehinderung bei Menschen über 50 Jahren dar. Die AMD führt zu einer fortschreitenden Verschlechterung der zentralen Sehschärfe, während das periphere Sehen meist erhalten bleibt. Die Erkrankung beeinträchtigt somit alltägliche Aktivitäten wie Lesen, Gesichtererkennung und Autofahren erheblich, während die Orientierungsfähigkeit im Raum oft relativ gut erhalten bleibt.

Epidemiologie

Die Prävalenz der AMD steigt mit dem Alter deutlich an. Während bei 65- bis 74-Jährigen etwa 10% betroffen sind, erhöht sich dieser Anteil bei den über 75-Jährigen auf 30%. In Deutschland leiden schätzungsweise 4,5 Millionen Menschen an einer frühen Form der AMD und etwa 500.000 an einer fortgeschrittenen Form mit entsprechenden Seheinschränkungen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Häufigkeit der Erkrankung in den kommenden Jahren weiter zunehmen.

Die AMD tritt bei Frauen etwas häufiger auf als bei Männern, was teilweise auf die höhere Lebenserwartung von Frauen zurückzuführen ist. Auch ethnische Unterschiede sind bekannt: Hellhäutige Menschen europäischer Abstammung sind deutlich häufiger betroffen als Menschen dunkler Hautfarbe.

Anatomie und Pathophysiologie

Die Makula lutea (gelber Fleck) ist ein etwa 5 mm großer Bereich im Zentrum der Netzhaut mit der höchsten Dichte an Photorezeptoren, insbesondere Zapfen. In ihrem Zentrum liegt die Fovea centralis, der Ort des schärfsten Sehens mit einer besonders hohen Konzentration an Zapfen. Unterhalb der neurosensorischen Netzhaut befindet sich das retinale Pigmentepithel (RPE), eine einschichtige Zellschicht, die zahlreiche wichtige Funktionen erfüllt:

Im Alterungsprozess kommt es zu einer zunehmenden Beeinträchtigung dieser RPE-Funktionen. Die unvollständige Beseitigung von Zellabfällen führt zur Bildung von Lipofuszin innerhalb der RPE-Zellen und zur Entstehung von Drusen zwischen RPE und Bruch-Membran. Diese extrazellulären Ablagerungen sind das charakteristische morphologische Merkmal der frühen AMD.

Die Pathogenese der AMD ist multifaktoriell und beinhaltet:

  1. Oxidativen Stress durch lebenslange Lichtexposition und hohen Sauerstoffverbrauch
  2. Chronische Entzündungsprozesse mit Aktivierung des Komplementsystems
  3. Genetische Prädisposition
  4. Stoffwechselveränderungen im RPE
  5. Durchblutungsstörungen in der Aderhaut (Choroidea)

Risikofaktoren

Die wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung einer AMD sind:

Klassifikation

Die AMD wird in zwei Hauptformen unterteilt:

Trockene (atrophische) AMD

Die trockene Form macht etwa 85-90% aller AMD-Fälle aus und ist durch einen langsam fortschreitenden Verlauf gekennzeichnet. Charakteristisch sind:

Die Progression erfolgt typischerweise langsam über mehrere Jahre bis Jahrzehnte. Patienten bemerken eine allmähliche Verschlechterung des zentralen Sehens, Verzerrungen (Metamorphopsien), Schwierigkeiten bei der Adaption an unterschiedliche Lichtverhältnisse und verminderte Kontrastwahrnehmung.

Feuchte (exsudative, neovaskuläre) AMD

Die feuchte Form macht etwa 10-15% der Fälle aus, ist jedoch für etwa 90% der schweren Sehverluste durch AMD verantwortlich. Kennzeichnend sind:

Die feuchte AMD kann aus einer trockenen Form entstehen. Etwa 10-15% der Patienten mit trockener AMD entwickeln im Verlauf eine feuchte Form.

Klinisches Bild und Symptomatik

Frühe Symptome

Fortgeschrittene Symptome

Charakteristisch ist, dass Patienten mit AMD über ein intaktes peripheres Sehen verfügen und daher in der räumlichen Orientierung meist weniger stark eingeschränkt sind als Patienten mit anderen Netzhauterkrankungen, die das gesamte Gesichtsfeld betreffen.

Diagnostik

Die Diagnose der AMD stützt sich auf verschiedene Untersuchungsmethoden:

Basisdiagnostik

Erweiterte Diagnostik

Therapie

Die Behandlungsoptionen unterscheiden sich grundlegend zwischen trockener und feuchter AMD:

Behandlung der trockenen AMD

Für die trockene AMD existiert bislang keine zugelassene kausale Therapie. Die Behandlung konzentriert sich auf:

Behandlung der feuchten AMD

Die Therapie der Wahl sind intravitreale Injektionen von VEGF-Inhibitoren (anti-VEGF-Therapie). Diese Substanzen hemmen den Wachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor), der maßgeblich für die Entstehung pathologischer Gefäße verantwortlich ist. Zugelassene Wirkstoffe sind:

Die Behandlung erfolgt zunächst als Aufsättigungsphase mit monatlichen Injektionen, gefolgt von individuellen Erhaltungsregimen (pro re nata, treat-and-extend oder feste Intervalle). Die regelmäßige OCT-Kontrolle ist entscheidend für die Therapiesteuerung.

Andere, heute seltener eingesetzte Therapieoptionen sind:

Prävention

Präventive Maßnahmen zur Reduktion des AMD-Risikos umfassen:

Verlauf und Prognose

Der Krankheitsverlauf ist individuell sehr unterschiedlich:

Die Wahrscheinlichkeit einer beidseitigen Erkrankung steigt mit der Dauer des Krankheitsverlaufs. Daher ist die regelmäßige Kontrolle des Partnerauges sowie die Selbstkontrolle mit dem Amsler-Netztest essentiell.

Ausblick und Forschung

Aktuelle Forschungsansätze konzentrieren sich auf:

Die AMD bleibt eine der größten Herausforderungen in der modernen Ophthalmologie, und die Forschungsaktivität auf diesem Gebiet ist entsprechend intensiv.